Sonstiges
Besserer Schutz bedrohter Delfine und Schweinswale
In ihrem jüngsten Bericht fordert die Weltnaturschutzunion (IUCN) einen ganzheitlichen integrierten Ansatz zum Schutz kleiner Wale, insbesondere Delfine und Schweinswale.
Der Bericht basiert auf einer Tagung, die 2018 vom Tiergarten der Stadt Nürnberg und der Artenschutzgesellschaft Yaqu Pacha e.V. mitorganisiert und bei Nürnberg durchgeführt wurde.
„Die Tagung und der daraus resultierende Bericht können als Initialzündung für die Anwendung des One Plan Approachs beim Erhalt bedrohter Delfinarten verstanden werden. Dieser integrierte Ansatz wird seit Jahrzehnten von Zoos und Freilandforschern praktiziert und hat zum Erhalt zahlreicher Tierarten wie zum Beispiel der Oryxantilope, dem Kalifornischen Kondor oder dem Wisent geführt. Besonders am Beispiel des Yangtse-Glattschweinswals ist zu erkennen, dass in Zukunft auch aquatische Säugetierarten davon profitieren können,“ sagt Dr. Lorenzo von Fersen, Kurator für Forschung und Artenschutz im Tiergarten Nürnberg und Mitorganisator der Tagung wie auch Mitglied des in Folge der Tagung gegründeten Teams für Integrierte Erhaltungsplanung für Wale und Delfine (Integrated Conservation Planning for Cetaceans ICPC).
Viele in Küstennähe vorkommende Arten und Populationen sind von den negativen Folgen menschlichen Handelns zunehmend bedroht.
Besonders alarmierend sind die steigenden Beifangzahlen, vor allem durch die Stellnetzfischerei. Der Bericht empfiehlt, dass dringende Schritte für mehrere Arten und Unterarten, die akut vom Aussterben bedroht sind, unternommen werden sollen: das sind der Kamerunflussdelfin, der Glattschweinswal und südasiatische Flussdelfinarten. Außerdem sollen integrierte Artenschutzstrategien unter expliziter Berücksichtigung aller potenziell möglichen Maßnahmen entwickelt werden, um diese und andere Delfin- und Schweinswalarten zu schützen.
Die Erkenntnis, dass nach dem Aussterben des Chinesischen Flussdelfins und dem akut bevorstehenden Aussterben des Vaquitas in Mexiko zusätzliche Werkzeuge nötig waren, um das Aussterben weiterer Delfine und Schweinswale zu verhindern, führte zu einem Workshop, der im Jahr 2018 in Nürnberg abgehalten wurde. Sowohl der Chinesische Flussdelfin wie auch der Vaquita hätten gerettet werden können, wäre es rechtzeitig möglich gewesen, die Tiere zwischenzeitlich aus ihrem natürlichen Lebensraum in geschützte Bereiche zu überführen, bis die Bedrohungen adressiert worden wären. Diese Methode wurde erfolgreich zur Rettung des Glattschweinswals angewandt, allerdings hatte es davor mehrere Jahrzehnte gedauert, bis sie zu einem nützlichen Werkzeug wurde. Eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe bestehend aus Biologen, Tierärzten und Populationsmanagern für Meeressäuger diskutierte neue Ansätze für den Schutz von Delfinen und Schweinswalen, die routinemäßig beim Schutz landlebender Tierarten zum Einsatz kommen.
Die Arbeitsgruppe bestand aus 37 Experten aus 14 Ländern und wurde vom Tiergarten Nürnberg und drei gemeinnützigen Organisationen, dem Ocean Park Hong Kong, der National Marine Mammal Foundation und Yaqu Pacha beherbergt.
In ihrem Bericht zum Workshop empfiehlt die Gruppe, dass Artenschützer von Meeressäugern weltweit zusammenarbeiten und mit Nachdruck handeln. Nur so können dringend nötige Schutzmaßnahmen innerhalb des natürlichen Lebensraums der Arten (in situ) aber auch in kontrollierten, modifizierten Umgebungen (ex situ) sichergestellt werden.
Dieser ganzheitliche Rahmen für die Artenschutzplanung ist als Ein-Plan-Ansatz (One Plan Approach) bekannt. In der Praxis umfassen ex situ Ansätze eine Vielzahl von Maßnahmen, einschließlich des Schutzes von Tieren in geschützten Umgebungen wie zum Beispiel halbnatürliche Reservate, um das Aussterben von Arten zu verhindern. Aber auch die Durchführung von Forschungsprojekten, um unser Wissen über die Art zu erweitern. Weiterhin umfasst der ex situ Ansatz auch die Überführung (Fang, wenn nötig Rehabilitation und erneute Freilassung) von gestrandeten oder anderweitig eingeschränkten Individuen. Ebenso wichtig ist das Einbeziehen der lokalen Bevölkerung in die Problematik und die Entwicklung von Programmen, die letztendlich eine Verhaltensveränderung zur Folge hat. Der One Plan Approach wurde von der IUCN Species Survival Commission’s Conservation Planning Specialist Group entwickelt und fordert eine umfangreiche Beteiligung aller Interessensvertreter. Dazu gehören beispielsweise Wissenschaftler im Bereich des Artenschutzes, Vertreter gemeinnütziger Organisationen, Wildlife Manager der Regierungen, die lokale Bevölkerung und Vertreter der Industrie. Sie alle sind dazu aufgefordert, ihre Expertise, ihre Risikoeinschätzung und Entscheidungsprozesse zusammenzulegen, um integrierte Schutzpläne zu entwickeln.
„Dieser Bericht zielt darauf ab, Diskussionen zu einem empfindlichen, aber lange überfälligen Thema zu öffnen: Wie kann man ex situ Maßnahmen in die Schutzplanungen für Delfine und Schweinswale einbeziehen und ein weiteres Aussterben in den nächsten Jahrzehnten vermeiden“, sagt Jon Paul Rodriguez, Vorsitzender der IUCN Species Survival Commission (IUCN/SSC).
„Die Geschwindigkeit, mit der unser Planet Delfinarten und -populationen verliert, ganz zu schweigen von Biodiversität insgesamt, ist alarmierend, und unsere Bemühungen, diesen Trend umzukehren, sind eindeutig nicht ausreichend“, sagte Dr. Randall Reeves, Vorsitzender des IUCN/SSC Wal-Spezialisten Gruppe. „Unkoordinierte, bruchstückhafte und unnachgiebige Ansätze müssen ersetzt werden durch besser geplante, mutigere und stärker integrierte Zusammenarbeit, wenn wir das Aussterben weiterer Wal- und Delfinarten vermeiden wollen.“
„Wir wollen bereit sein, für jegliche dieser Arten zu sorgen, indem wir hoffnungsvoll sind und für das beste Ergebnis arbeiten, dabei allerdings immer auf das schlechteste gefasst sind“, sagt Barbara Taylor von der National Oceanic and Atmospheric Administration. „Wir wollen die Notaufnahme bereit haben und wissen, wie wir uns um unsere Patienten kümmern können.“
Der Bericht referiert über ein aktuelles Programm zum Schutz des Glattschweinswals in China, von dem nur noch etwa 1 000 Tiere in freier Wildbahn leben. Im Rahmen des integrierten Schutzplans der chinesischen Regierung wurden Schweinswale aus dem Yangtse in angrenzende Flussbereiche überführt und die Tiere dadurch von verschiedenen menschlichen Bedrohungen geschützt. Als Folge gibt es jetzt drei gesunde Populationen zur Absicherung, die in semi-natürlichen Habitaten leben, wo sie fressen und sich vermehren, wie sie es in der Wildbahn tun würden.
Eine Gruppe der Organisatoren des Workshops hat eine neue Initiative innerhalb der ICUN Cetacean Specalist Group – die Integrated Conservation Planning for Cetaceans (ICPC) – ins Leben gerufen, um damit zu beginnen, einen Aktionsplan für jede der am stärksten bedrohten Delfin- und Schweinswalarten zu entwickeln. Priorisiert werden soll dabei gemäß des Schutzstatus, des Ausmaßes der Bedrohung und des Potenzials für effektive Verbesserungen.
Text: Stadt Nürnberg / tom
Titelfoto: Ein Inia-Amazonas-Delfin; Bildnachweis: Tiergarten der Stadt Nürnberg/Fernando Trujillo
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