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Stadtbibliothek bekommt biografische Dokumente zu Hermann Kesten geschenkt

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Manfred Schreiner, Vorsitzender der Hermann-Kesten-Gesellschaft in Nürnberg, übergab der Stadtbibliothek erneut Selbstzeugnisse des Schriftstellers Hermann Kesten

Die Sammlung, bestehend unter anderem aus Schriftwechseln, Einladungskarten, Fotos und einem bisher unveröffentlichten Gedicht, stammt aus dem Besitz der Familie von Kestens letzter Lebenspartnerin Martha Marc in Basel. Hermann Kesten (1900-1996) wuchs in Nürnberg auf und ist Ehrenbürger der Stadt. Eine Auswahl aus den Neuzugängen, darunter ein als Autograph überliefertes Gedicht, wird in der Ausstellung „Bücher mit Geschichte. Gesammelte Schätze aus über 650 Jahren“ ab Donnerstag, 26. Januar 2023, in der Stadtbibliothek Zentrum, Gewerbemuseumsplatz 4, präsentiert.

Hermann Kesten, Schriftsteller der Neuen Sachlichkeit, lebte in Nürnberg bis 1928, wenige Jahre später floh er als Jude aus Deutschland. Doch der Kontakt zu Nürnberg riss nie ganz ab, was die Schenkung der Hermann-Kesten-Gesellschaft belegt. Sie bietet mit rund 50 Schrift- und 20 Bilddokumenten eine wichtige Bereicherung des bisher eher kleinen Bestands des Schriftstellers in der Stadtbibliothek. Zu finden sind darin unter anderem Zeugnisse zu Kestens frühen Lebensstationen Nürnberg und Berlin: Ein unscheinbarer Verlagsprospekt von Gustav Kiepenheuer, datiert Oktober 1926 und versehen mit einem Stempel der Buchhandlung Heinrich Schrag in Nürnberg, verweist auf die erste Anstellung Hermann Kestens nach dem Abbruch seines Jura-Studiums in Erlangen. 1926 hatte er sich als Bühnenautor bei dem Verlag Kiepenheuer verpflichtet, 1928 folgte die Anstellung als Lektor und der Umzug von Nürnberg nach Berlin. Im dortigen Theater am Schiffsbauerdamm wurden seine ersten, noch wenig erfolgreichen Theaterstücke aufgeführt, darunter 1930 „Die heilige Familie“, zu der sich das Programm der Uraufführung am 12. Juni erhalten hat und nun an die Stadtbibliothek geht.

Der Fokus der Sammlung liegt allerdings auf Zeugnissen ab den 1970er-Jahren und ist eng mit den Beziehungen Hermann Kestens zur Familie Marc-Pataki, von der die Sammlung stammt, verknüpft: Nach dem Tod seiner Ehefrau Toni in Rom 1977 zog Hermann Kesten zunächst in die USA und dann zu Tonis frisch verwitweter Jugendfreundin Martha Marc nach Basel. Martha Marc stammte aus Fürth und hatte sich 1927 nach Basel verheiratet. Nach deren Tod 1984 lebte Hermann Kesten in einem jüdischen Altersheim in Riehen bei Basel, wo er 1996 verstarb. Die Jahrzehnte überdauernde Freundschaft zwischen den Kestens, Martha Marc, deren Tochter Mirjam Pataki-Marc und deren Sohn Ronald Pataki spiegeln sich im Bestand: Hier finden sich Schriftwechsel, Einladungen und Programme zu den Kesten-Ehrungen in Nürnberg 1975, 1980, 1990 und 2000.

Hinzu kommen zwei Postkarten von Hermann und Toni Kesten an Martha Marc aus dem Jahr 1974. Die Sammlung enthält ebenfalls Neujahrskarten mit persönlichen Widmungen des Bildhauers Wilhelm Uhlig, der die Kesten-Statue im Kreuzgang des Nürnberger Katharinenkloster schuf und mit dem Kesten eine tiefe Freundschaft verband. Eine zum 100. Geburtstag im Jahr 2000 aufgelegte Papiertüte mit dem Konterfei Hermann Kestens ist ebenso vorhanden. 20 Porträts und Gruppenfotos von circa 1949 bis 1990 ergänzen die Sammlung der Stadtbibliothek als willkommenes Anschauungsmaterial. Ein wahres Schatzstück ist jedoch ein bisher unveröffentlichtes Gedicht Hermann Kestens: „Die Magie des Mittags“ liegt als eigenhändiger Entwurf und maschinenschriftliche Reinschrift vor.

Die Sammlung zu Kesten in der Stadtbibliothek

In der Stadtbibliothek werden seit der Gründung der Fränkischen Literatursammlung im Jahr 1964 Drucke von Hermann Kesten sowie über ihn erscheinende Literatur mit größtmöglicher Vollständigkeit gesammelt. Der bisher vergleichsweise bescheidene Bestand von 42 Briefen und anderen Lebensdokumenten – Kestens Nachlass befindet sich in der Moncensia, dem Literaturarchiv der Stadt München – erfährt mit der Übergabe aus dem Besitz der Familie Marc-Pataki durch Manfred Schreiner eine entscheidende Aufwertung. Vom Vorsitzenden der Hermann-Kesten-Gesellschaft hatte die Stadtbibliothek bereits im Jahr 2013 das Manuskript zu „Maud liebt beide“ erhalten, dem ersten Theaterstück Hermann Kestens.

Text: Stadt Nürnberg / jos
Titelfoto: Manfred Schreiner, Vorsitzender der Hermann-Kesten-Gesellschaft in Nürnberg, übergab der Stadtbibliothek etliche biografische Dokumente zu Hermann Kesten. Elisabeth Sträter, Direktorin der Stadtbibliothek, Prof. Dr. Julia Lehner, Zweite Bürgermeisterin der Stadt Nürnberg, und Dr. Christine Sauer, Leiterin der Historisch-Wissenschaftlichen Stadtbibliothek (v.l.n.r.), nahmen die Stücke im Lesesaal der Stadtbibliothek Zentrum entgegen.
Bildnachweis: Susanne Edelmann / Stadt Nürnberg

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